Alles anzeigen11. Juli 2014Von Mario von Berg
Ersteindruck: Der Citroën C4 Cactus im Kurz-Fahrbericht
Ich war erstaunt, als Citroën verkündete, den C4 Cactus in Serie zu produzieren. Sehr angetan war ich bereits von den grundlegenden Ideen, die hinter dem Cactus Concept standen, den die Franzosen auf der IAA 2013 präsentierten. Nun konnte ich den Citroën C4 Cactus in und um Amsterdam näher begutachten.
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Nach Veröffentlichung meiner ersten Bilder im Netz fielen die Reaktionen zwiespältig aus – womit zu rechnen war. Beispielsweise war zu lesen, der C4 Cactus sei ebenso hässlich wie der Nissan Juke. Ich teile zwar nicht die Meinung, dass beide Fahrzeuge hässlich sind, aber der Vergleich mit dem Juke ist naheliegend. Denn sowohl Cactus als auch Juke provozieren den Betrachter mit ungewohnten, jedoch durchaus stimmigen Formen und Proportionen. Sonst gibt es zwischen Japaner und Franzose kaum Gemeinsamkeiten.
Extravagantes Design für jedermann
Mit dem C4 Cactus erhebt Citroën den Anspruch, seinen Kunden zugehört zu haben und ihnen mit dem Cactus das zu bieten, was wirklich wichtig und gewollt ist. Für urbanes Terrain ist Design, französischer Chic wichtig. Aber auch bezahlbar soll er sein. 13.990 € ruft Citroën ruft das Grundmodell auf; das geht durchaus als erschwinglich durch.
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Auffällig ist der C4 Cactus; und dass er nicht jedem gefällt, macht ihn noch interessanter. Die Front fällt mit den schmalen LED-Tagfahrleuchten am Übergang zwischen Stoßfänger und Motorhaube auf. Darunter sind die Scheinwerfer platziert, die mit den vorderen Airbumps eine Einheit bilden. Schade ist, dass die Scheinwerfer in billiger Reflexionstechnik daherkommen. Bis auf diesen Front-Fauxpas gefällt das ungewohnte Design durch glatte Flächen ohne klassischen Kühlergrill. Selbstbewusst reckt der C4 Cactus den großen Doppelwinkel in den Wind.
Ein Merkmal, das Design und praktischen Nutzen kombiniert, sind die breits oft erwähnten Airbumps. Diese fallen besonders an den Flanken auf, können in vier unterschiedlichen Farben geordert und auch später getauscht werden. Die aus thermoplastischem Polyurethan (TPU) gefertigten Airbumps mit den integrierten Luftkapseln wirken wie Luftpolsterfolie, die Teile der Karosserie gegen Rempler, unachtsam geöffnete Türen oder Einkaufswagen schützen können. Und ja, es funktioniert. Neben den Flanken sind die bruchgefährdeten Scheinwerfer und Rückleuchten durch Airbumps geschützt. Unverständlich ist nur, dass die Fondtüren nicht bis zur hinteren Türkante reichen.
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Doch ausgefallenes Design hat auch immer seinen Preis. So ist die Innenladekante, über die ich Gepäck nach außen wuchten muss, ungewöhnlich hoch. Die unangenehm breite C-Säule versperrt den Blick nach schräg hinten, während die Heckscheibe selbst eher klein ausfällt. Da hilft auch das optionale Panorama-Glasdach wenig – aber immerhin steigert dieses die Wohlfühl-Atmosphäre.
Das Design-Credo findet sich auch im Interieur wieder. Reduktion ist hier das Stichwort. Extreme Vollführung findet dieses in puncto Bedienelemente. Bis auf eine kleine Schalterleiste unterhalb des 7-Zoll-Displays und dem Multifunktionslenkrad finden sich an den sonst üblichen Stellen der Mittelkonsole keine Schalter. Diesen Weg der Reduktion, hin zu mehr Übersichtlichkeit im Innenraum finde ich sinnvoll, aber auf ein Klimabedienteil, mithilfe dessen ich mal eben die Lüftung oder die Temperatur steuere, möchte ich dann doch lieber nicht verzichten. Die Hektik war groß, als ich im Amsterdamer Stadtverkehr aus der Navi-Ansicht ins Klima-Menü gehen musste, um die Temperatur zu regeln.
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Sonst besticht das Interieur-Design durch viele schöne Detail-Lösungen wie die Türschlaufen und das Handschuhfach, die den Charme eines derangierten Reisekoffers versprühen. Um Platz für das Handschuhfach zu bekommen, wanderte der Beifahrer-Airbag ins Dach – Weltneuheit. Statt eines gewöhnlichen Kombiinstruments gibt es einen Bildschirm, der lediglich das Nötigste anzeigt. Die Drehzahl gehört nicht dazu. Geschwindigkeit, bei Bedarf Tempomat, Tank-Füllstand, eingeschaltetes Abblendlicht, nicht angeschnallte Passagiere – was sonst wäre noch wichtig, dass es unsere Aufmerksamkeit verdiente?
Komfort – Probiers mal mit Gemütlichkeit
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Der Citroën C4 Cactus gibt sich herrlich unaufgeregt. Diese Lässigkeit ist es auch, die ich im Amsterdamer Verkehr benötige; der C4 Cactus verleiht sie mir. Das Fahrwerk hat sich ganz dem Komfort verschrieben und meidet zum Glück gängige SUV-Rumpelfahrwerke, um damit einen auf dynamisch zu machen. Dazu passt die angenehm komfortable wie leichtgängige Lenkung. Die Vordersitze sind ungewohnt breit ausgeführt, weich sowie außerordentlich bequem und bieten dabei sogar noch ausreichenden Seitenhalt. Bloß keine Hektik, ruhig Blut. Der Citroën C4 Cactus entschleunigt Fahrer und Passagiere und verleitet zum gediegenen Dahinrollen. Und dafür brauche ich nun wirklich keinen Drehzahlmesser.
Mit dem in einigen Modellvarianten verbauten automatisierten Schaltgetrieben schafft Citroën mit einer angedeuteten durchgängigen Sitzbank eine angenehme Lounge-Atmosphäre. Auch im Design schlägt sich das nieder: kein Wählhebel, keine klassische Handbremse. Stattdessen gibt es die Easy-Push-Getriebewahltasten (D, N, R) sowie einen Handbremshebel, der an einen Flugzeug-Schubhebel erinnert. In dieser Konstellation besteht das luftigste wie gemütlichste Raumgefühl im Cactus. Getriebebedingt ist dann während der Fahrt mit dem ETG6 Schluss mit der Gemütlichkeit.
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Technologie – Viel Technik bedeutet viel Gewicht
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In diesem Sinne ist gar nicht allzu viel Technologie für den C4 Cactus verfügbar. Assistenzsysteme? Pustekuchen! Nur Systeme, die den ohnehin aufmerksamen Fahrer wirklich unterstützen, können an Bord geholt werden. Aber ganz geht die Rechnung nicht auf. Serienmäßig prangt über der Mittelkonsole ein 7-Zoll-Display, das nahezu alle Funktionen digitalisiert und damit Platz im Interieur schafft. Das ist schön, aber im Falle des C4 Cactus zu viel des Guten. Die Menüstrukturen sind nicht – wie suggeriert – intuitiv gestaltet. Während der Fahrt Lüftung oder Temperatur einstellen? Nicht ratsam.
Auf technischer Seite gibt es aber auch Gutes zu vermelden. Eine Geschwindigkeitsregelanlage (Tempomat) ist serienmäßig an Bord. Die (je nach Ausstattungslinie) optionale Rückfahrkamera überzeugt mit großem Bild in guter Auflösung. Auch bietet Citroën einen Park-Assistenten, den ich jedoch für weniger nötig erachte, wenn ich ohnehin schon Parkpiepser und Kamera habe. Sonst siegt in puncto Technik bei den Franzosen die Kunst des Weglassens. Was nicht da ist, muss nicht mitgeschleppt werden und kann nicht kaputt gehen.
Reduktion – Rückbesinnung auf Wesentliches
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Doch nicht nur auf die Rückbesinnung kommt es an. Reduktion bedeutet auch weniger Masse, die bewegt werden muss. Entsprechend kann es sich Citroën erlauben, kleine, weniger leistungsstarke Motoren zu verbauen, die mit dem niedrigen Gewicht kaum Probleme haben. Die Maßnahmen, die die Franzosen ergriffen, um das Gewicht zu senken, stoßen aber nicht überall auf Gegenliebe. Im Fond gibt es nur Ausstellfenster und die Rückbank ist ausschließlich einteilig umlegbar. Das mag nicht jedem schmecken, aber es spart 17 Kilogramm. Auffällig war auch die extrem leichte Motorhaube, die aus Aluminium gefertigt wird.
Unter anderem durch solche Maßnahmen schafft es Citroën, dass das Leergewicht des Grundmodells ohne Fahrer lediglich 965 Kilogramm betrage. Ein Auto der Kompaktklasse, das unter einer Tonne wiegt? Das ist wahrlich beachtlich. Der von mir gefahrene C4 Cactus e-THP 110 wiegt in der Basis etwas über 1.000 kg. Ganz ohne Komfort-Features geht’s heutzutage dennoch nicht. Ein Neuwagen ohne Klimaanlage? Undenkbar. Ohne ein paar Zusatzkilos geht es dann doch nicht. Ebenso wenig geht es ohne Kunststoff im Interieur. Aber Plastik ist eben leicht und günstig – wie der C4 Cactus.
Citroën C4 Cactus – Auf Fahrt
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Die Frage aller Fragen: Wie fährt sich denn nun der C4 Cactus? Wie fühlt er sich an, was vermittelt er mir als Fahrer? Zunächst startete ich mit einem Dreizylinder-Benziner. Der e-THP 110 generiert mittels VTG-Lader und Direkteinspritzung 110 PS aus seinen drei Zylindern und drückt 205 Newtonmeter auf die Kurbelwelle. Ab 1.500 Umdrehungen solle die gesamte Kraft anliegen.
Schon beim Anlassen fällt die angenehme Laufruhe des Dreizylinders auf. Kein Rappeln, kaum Vibrationen. Die ersten Meter sind etwas ungewohnt, das Gaspedal kommt spät; aber wenn ein gutes Stück Pedalweg zurückgelegt wurde, dann kommt der C4 Cactus angenehm flott und nachdrücklich in Fahrt. Der kleine Dreizylinder ist sofort hellwach, reagiert prompt auf Gasstöße und zeigt sich willig. Ohne Turboloch schiebt das kleine 1.2-Liter-Aggregat an. Dabei fallen jedoch die langen Schaltwege negativ auf, insbesondere der Weg in den fünften Gang. Der fehlende Drehzahlmesser trübt meine Stimmung etwas, aber das anvisierte Klientel des Citroën C4 Cactus wird diesen nicht für sonderlich nötig halten.
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Wer es mit dem 110 PSer Cactus wissen möchte, kommt tatsächlich zügig voran. Das niedrige Gewicht wird nahezu spielerisch in Bewegung gesetzt, der Motor werkelt fröhlich in einem angenehm klingenden Dreizylinder-Sound vor sich hin, ohne dröhnig oder rumorig zu werden. Er kann schon dynamischer bewegt werden, aber seinem Naturell entspricht diese Gangart nicht. Der kleine Cactus ist für den gemütlichen Städte-Trip oder Überland-Ausflug gemacht. Dieses Gefühl vermittelt auch die komfortable Lenkung. Einige würden sie vielleicht teigig, gefühllos nennen – ich nenne es französisch weich. Und so verhält sich auch das Fahrwerk. Es schluckt Fahrbahnunebenheiten mit einer Lässig- und Gemütlichkeit weg, die vielen, auf Sportlichkeit getrimmten Autos heutzutage abgeht.
Das angenehm weich gepolsterte Gestühl, die gemütlichen Dämpfer – der Citroën C4 Cactus möchte nicht zum Schnellfahren verleiten. In gewissen Grenzen kann er das, liegt auch in schneller durchfahrenen Kurven erstaunlich sicher, aber eigentlich mag er es ruhiger. Und trotz ausgeschalteter Start-Stopp-Automatik, nicht ganz effizienter Fahrweise in Amsterdam und Umgebung lag der – nicht repräsentative – Testverbrauch bei unter sechs Liter. Das ist gut.
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Der darauf angetestete Diesel dagegen gefiel mir weniger gut. Bis ich einen Blick auf das Datenblatt des C4 Cactus e-HDi 92 ETG6 warf, war ich der Meinung, ich hätte ein Dreizylinder-Diesel unterm Hintern. Das, was der Cactus an Komfort bietet, verhagelt der Diesel wieder. Er ist laut und nagelig, läuft unter Vibrationen. In Verbindung mit dem automatisierten Schaltgetriebe mag nicht wirklich Freude ob der gemütlichen Sitze, des komfortabel weichen Fahrwerks aufkommen. Zwar profitiert das Interieur-Design vom Getriebe, aber diese Lounge-Atmosphäre wird teuer erkauft.
Im Fahrbetrieb störten mich die langen Schaltpausen. Gut und gern hätte ich dem Getriebe des Öfteren einen Tritt verpasst, um den Kraftschluss zügiger über die Bühne zu bringen. Zwar sind die Schaltrucke und -pausen nicht so stark augeprägt wie dereinst im smart, aber sie nervten dennoch. Die Efficient Tronic Gearshift (ETG) mag im Benziner womöglich weniger störend sein, wenn ich mich dem Cruisen und Gleiten hingebe. In Kombination mit dem Diesel jedoch konnte ich mich damit nicht anfreunden.
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Citroën C4 Cactus – Fazit
Dennoch: Der Citroën C4 Cactus bleibt mir positiv in Erinnerung. Er ist mir sympathisch und ich mag ihn sowie den Weg, den Citroën mit diesem unkonventionellen Auto einschlägt. Endlich steht da wieder ein richtiger Franzose auf der Straße, der Komfort und Gemütlichkeit mit Leichtbau und der Kunst des Weglassens kombiniert und dabei auch in puncto Design für Aufmerksamkeit sorgt. Der 110 PS starke Dreizylinder-Benziner wäre für mich erste Wahl.
Und noch ein weiterer älterer Bericht über den 92er ETG-Diesel aus mobile geeks: Alles nur heiße Luft?